Die Kunst des Gestaltens

»Jedes Material vermittelt eine Botschaft«
Eine wirkungsvolle Treppe, eine wohlproportionierte Mauer, ein formvollendet geschwungener Weg, eine ausdrucksstarke Fläche - ansprechende Bauwerke erfordern sorgfältige Planung, einen Blick für die Umgebung und ein Gespür für die Persönlichkeit des Steins. Wir haben mit Landschaftsarchitektin Bü Prechter über gestalterische Does and Dont's beim Umgang mit dem kraftvollen Material gesprochen.

Was sind für Sie die wichtigsten Grundsätze bei der Gestaltung mit Steinen, wenn es um Mauern, Wege, Treppen, Plätze etc. geht?
»Am wichtigsten ist zum einen wohl, dass das vorgesehene Material der jeweilig geforderten Funktion entspricht. Im öffentlichen Raum werden mitunter andere Bedingungen an Beläge gestellt, als im Privatbereich. Zweitens halte ich es für zwingend notwendig, dass sich die richtige Materialwahl aus der Grundhaltung des Projekts entwickelt. Habe ich ein Projekt mit einer verspielten Anmutung entworfen, werde ich zu kleinteiligen Materialien mit einer warmen Ausstrahlung greifen. Ist die Absicht jedoch eher sachlich, sind größere Formate mit einem kühlen Ausdruck angemessen. Jeder Stein erzeugt eine andere Stimmung. Drittens: die Einbindung in die Umgebung. Es gibt Materialien, die sehr gut für den städtischen Raum stehen, andere repräsentieren dagegen eher den ländlichen Bereich.«

Was sind für Sie die größten Gestaltungssünden mit Steinen?
»Oh, das ist natürlich eine spannende Frage! Da tauchen sofort viele Bilder im Kopf auf. Sehr ungekonnt sehen beispielsweise geschwungene Wegeführungen aus, deren Verlauf sich aus geraden Plattenabschnitten und gepflasterten Kreissegmenten zusammensetzt. Auf diese Weise kann niemals ein überzeugender Gesamteindruck entstehen. Wege sind Gehlinien und damit auch Sehlinien. Das Auge folgt automatisch ihrem Verlauf. Deshalb sollten sie nicht additiv zusammengesetzt, sondern besser bandartig einheitlich gestaltet werden.«

Eine Frau hält einen Vortrag
Anwendungsbeispiel MAHORA Dielensteine
Anwendungsbeispiel TEGULA Pflastersteine

Gibt es einen Unterschied in der Wahrnehmung von Mauern, Treppen und Wegen, die bei der Gestaltung berücksichtigt werden müssen?
«Generell gilt, dass Mauern und Treppen aufgrund ihrer Vertikalität eine stärkere Wahrnehmung erzeugen als horizontale Flächen, also Beläge. Das sehende Auge trifft in einem anderen Winkel auf die stehenden Elemente im Raum. Gerade weil den Mauern und Treppen eine so große visuelle Bedeutung zukommt, müssen sie mit besonderer Sorgfalt geplant werden. In diesem Zusammenhang fällt mir nochmals eine Gestaltungssünde ein, die wir alle aus dem Hausgartenbereich kennen, nämlich den wiederkehrenden Wechsel von Mauerscheiben und Bepflanzung. Das wirkt deshalb so unsicher, weil sich die optischen Gegensätze in ihrer Wirkung aufheben. Ist eine lockere Einfriedung gewünscht, sollte man sich vielleicht für eine durchgängige Blühhecke entscheiden. Für eine strengere Entwurfshaltung ist dagegen eine einheitliche Steinmauer passend.«

Wie beeinflusst die Umgebung die Art der Gestaltung?
»Ich halte diesen Aspekt für ganz wesentlich. Die genaue Betrachtung der regionalen Bezüge kann eine willkommene Hilfestellung sein, um aus einer Vielzahl von angebotenen Produkten die richtige Auswahl zu treffen. Ich würde gern nochmals auf die wichtige Differenzierung zwischen städtischem und ländlichem Kontext verweisen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Betongehwegplatte, die im urbanen Bereich gewohnt und ganz selbstverständlich wirkt, hingegen auf dem Land fremdartig anmuten kann.«

Ein Stil ist ja meist mit einem bestimmten Material verknüpft: rustikal entspricht dem Kleinpflaster, modern der großformatigen Betonplatte. Welche Rolle spielt die Einteilung in Stilrichtungen wie mediterran, rustikal, modern, schlicht?
»Durch den Einsatz eines gewissen Materials kann ich einen Stil ausdrücken. Jedes Material vermittelt gewissermaßen eine Botschaft. Meines Erachtens wird es diese Stilrichtungen auch in Zukunft geben, vor allem im Hausgartenbereich. Doch es ist Vorsicht geboten! In erster Linie ist es wichtig, dass das Gebäude und der Garten eine Einheit bilden. Je stärker der Garten mit dem Gebäude verbunden wird, desto überzeugender und vollkommener wird der Gesamtausdruck werden. Immer wieder muss kritisch hinterfragt werden, ob ein gewisses Entwurfselement zum angestrebten Gesamtcharakter passt. Die Kunst des Entwerfens liegt im Weglassen, nicht im Hinzufügen.«

Welche Rolle spielt für Sie der Stein inmitten der »Materialien« für den Garten wie Pflanzen, Holz, Metall?
»Alle in einem Garten verwendeten Materialien, so auch der Stein, korrespondieren miteinander. Deshalb sollten sie sich gegenseitig in ihrer visuellen Wirkung stärken, nicht schwächen. Jedes Element beeinflusst all die anderen. Der unbewegliche Stein steht immer in einem Wechselspiel mit der beweglichen Pflanzenwelt. Beim Anordnen und Fügen muss der Planer Effekte gezielt setzen. Kontraste spielen dabei eine wichtige Rolle, beispielsweise glatt/rau, filigran/flächig, hell/dunkel, usw. Dieses Thema darf jedoch nicht überstrapaziert werden. Kontraste, also wirkliche Gegensätze, die zu einer Steigerung führen, müssen gezielt punktuell angewandt werden, um dem Garten Spannung und Höhepunkte zu verleihen. Ist man darin ungeübt, geschieht schnell mal eine banale Aneinanderreihung von verschiedenen Elementen, die in der Summe beliebig und additiv wirkt.«

Anwendungsbeispiel SWING Pflastersteine
Anwendungsbeispiel Santuro Landhausmauer

Natur- oder Betonstein - ist einer besser als der andere?
»Ich finde Betonsteine gut, Naturstein ebenso. Es kommt auf die jetzt schon öfter angesprochene Umgebung, den Ort, die Zweckbindung und die Angemessenheit der Mittel an. Ich bin sehr froh, dass ich je nach Projekt die Entscheidung zwischen Beton und Naturstein treffen kann. Selbstverständlich sind dabei auch Kostengründe sowie Pflege- und Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. Nach meiner Auffassung lassen sich Beton- und Natursteine gut kombinieren. Wir kennen gute Beispiele aus dem Gehwegbereich, wo Betonplatten mit rhythmisiert gesetzten Pflasterbändern aus Naturstein einen angenehmen und überzeugenden Flächencharakter erzeugen.«

Manchmal gibt es Betonsteine, die zu Klassikern werden. Was zeichnet einen solchen Klassiker aus? Vielleicht kann man ja auch schon den Pflasterstein ARENA dazuzählen?
»Echte Klassiker sind meines Erachtens niemals modisch und niemals unmodern. Sie kommen deshalb so gut in und durch die Jahre, weil sie sich für ein spezielles Anwendungsgebiet bestens bewährt haben, beispielsweise die Gehwegplatte für Fußgängerzonen. Sie ist für den Komfort und die Sicherheit des Gehens ebenso wie hinsichtlich von Pflege und Unterhalt hervorragend dafür geeignet. Es freut mich, dass Sie den Pflasterstein Arena erwähnen. Das ist ein Material, an dem ich mich lange gerieben habe. Da mich zunächst die gerundete Form überhaupt nicht ansprach, hat es lange gedauert, bis ich den wirklichen Vorteil diese Steins entdeckt habe. Er vermag es sehr gut, teppichartige, richtungslose Belagsbilder zu erzeugen. Seine Stärke liegt in der flächenhaften Gestaltung, währenddessen er bei schmalen geschwungenen Wegen keinen eigenständigen Charakter aufbauen kann. Auch für bewegte Topografien ist er bestens einsetzbar. Insofern würde ich diesen Stein schon zu den Klassikern zählen.

Anwendungsbeispiel ARENA Pflastersteine
Anwendungsbeispiel ARENA NOVA Pflastersteine
Anwendungsbeispiel ARENA Pflastersteine